Ein Lied des Mitgefühls
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Ein Lied des Mitgefühls
von Shabkar Tsokdruk Rangdrol
Mein Herz schlägt für alle, die in diesem Moment leiden –
meine eigenen Mütter, die mich so liebevoll umsorgt haben,
seit jeher, von Anbeginn aller Zeit bis jetzt.
Jene gütigen Mütter haben mich erfrischt, als mir heiß war,
doch nun wurden einige in den acht heißen Höllen wiedergeboren,
und werden von sengender Hitze gequält - aus tiefstem Herzen fühle ich mit ihnen!
Jene Mütter haben mich gewärmt, als ich fror,
doch nun wurden einige in den acht kalten Höllen wiedergeboren
und werden von klirrender Kälte gequält – aus tiefstem Herzen fühle ich mit ihnen!
Jene Mütter haben mich mit Essen und Trinken versorgt, als ich hungrig und durstig war,
doch nun wurden einige im Bereich der Pretas wiedergeboren
und werden von Hungersnot und Dürre gequält – aus tiefstem Herzen fühle ich mit ihnen!
Jene gütigen Mütter haben sich stets liebevoll um mich gekümmert,
doch nun wurden einige unter den Tieren wiedergeboren
und werden durch Knechtschaft und Ausbeutung gequält – aus tiefstem Herzen fühle ich mit ihnen!
Jene gütigen Mütter haben mir alles, was ich begehrte, voller Liebe gegeben,
doch nun wurden einige unter den Menschen wiedergeboren
und werden von den Schmerzen des Alterns und Sterbens gequält – aus tiefstem Herzen fühle ich mit ihnen!
Jene gütigen Mütter haben mich vor jeglichem Unheil bewahrt,
doch nun wurden einige unter den Asuras wiedergeboren
und werden von Zwietracht und Streit gequält – aus tiefstem Herzen fühle ich mit ihnen!
Jene gütigen Mütter haben mich großgezogen und mir nur Gutes getan,
doch nun wurden einige unter den Göttern wiedergeboren
und werden von Tod und Wiedergeburt gequält – aus tiefstem Herzen fühle ich mit ihnen!
Allein habt ihr keine Chance, Saṃsāras Qualen zu entrinnen,
und im Moment fehlt euch die Kraft, euch selbst ein Schutz zu sein –
oh meine Mütter, die ihr all dies Leid ertragen müsst – aus tiefstem Herzen fühle ich mit ihnen!
Wenn ich mir dieses Leid vorstelle, das wir alle erdulden müssen,
denke ich mir: „Könnte ich doch nur Erleuchtung erlangen!
Lass es nicht erst morgen, sondern lass es heute geschehen!“
Möge ich schnell, so rasch wie möglich, den erwachten Zustand erlangen
und, nachdem ich ihn erreicht habe, das Leid aller Wesen beseitigen
und sie alle zu vollkommener Glückseligkeit führen, darum bitte ich!
Als Scharen von armen Menschen, denen es stets an ausreichend Nahrung und Kleidung fehlte, immer wieder zum Betteln an die Tür meiner Retreat-Hütte kamen, erhob sich aus der Tiefe meines Herzens ein unerträgliches Mitgefühl, und ich schrieb, unter vielen Tränen, diese Worte nieder.
| Der Text wurde uns freundlicherweise von Alak Zenkar Rinpoche zur Verfügung gestellt. Übersetzung ins Englische: Adam Pearcey 2008, Überarbeitung 2012. Deutsche Übersetzung: Jurek Schreiner, Rigpa-Übersetzungen 2013, unter Mitarbeit von Karin Behrendt und Verena Pfeiffer.