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ISSN 2753-4812
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Ein Lied des Erstaunens

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Ein Lied des Erstaunens, inspiriert durch Praxiserfahrung

von Sera Khandro

Im Alter von neunundzwanzig Jahren weilte ich mit meinem Guru in der abgeschiedenen Einsiedelei Nyimalung in Amdo, als eine magische Erscheinung formloser göttlicher Geister und Dämonen in meiner Wahrnehmung auftauchte. Während diese Wesen mir gegenüber verschiedene Verhaltensweisen an den Tag legten, trug ich ihnen auf: „Ihr solltet euren Meister als göttlich respektieren, so wie ich es euch als Weg aufgezeigt habe.“

Sie sagten: „Wenn du eine Yoginī bist, was machst du dann hier? Es ist gut, in eine abgeschiedene Klausur zu gehen.“

Ich antwortete: „Ich bin in abgeschiedener Klausur.“

Darauf erwiderten sie: „Wie ergeht es dir in deiner abgeschiedenen Klausur? Sollten wir Hingabe entwickeln, welche Arten von Segnungen werden wir dann empfangen? Bitte sag es uns.“

„In meiner abgeschiedenen Bergklausur der grenzenlosen Erscheinungen,
verweilend in der Praxis, in der die Welt und das Jenseitige als Ornamente erscheinen,
bewahrte ich die grundlegende Natur, frei von der Fixierung auf Hoffnung und Angst.
In mein eigenes wahres Antlitz blickend – die innewohnende Leuchtkraft –
besitze ich die Anweisungen zur Selbstbefreiung der Erscheinungen.

In meiner abgeschiedenen Bergklausur der selbstleuchtenden Gelöstheit,
in der Praxis der Leuchtkraft ohne Anhaftung ruhend,
bewahrte ich die grundlegende Natur der aus sich selbst entstehenden Einfachheit.
In mein eigenes wahres Antlitz blickend – sorglose Offenheit –
besitze ich die Lehren zur Selbstbefreiung zerstörerischer Emotionen.

In meiner abgeschiedenen Bergklausur der selbstentstehenden Nicht-Konzeptualität,
in der Praxis der Selbstbefreiung konditionierter Erscheinungen verweilend,
bewahrte ich die grundlegende Natur nicht-dualistischer Hoffnung und Angst.
Der Weisheit der natürlichen Selbstbefreiung begegnend,
besitze ich die Anweisungen für die Selbstbefreiung von allem, was erscheint.

In meiner abgeschiedenen Bergklausur, frei von der Fixierung auf Hoffnung und Angst,
in der Praxis der Selbstbefreiung zerstörerischer Emotionen ruhend,
bewahrte ich die grundlegende Natur des vollkommenen, andauernden Zustands der drei Kāyas.
In mein eigenes wahres Antlitz blickend – müheloser Dharmakāya –
besitze ich die Anweisungen für die ursprüngliche Befreiung von zyklischer Existenz und Ruhe.

Ich habe die vierfache Gewissheit der Freiheit von Aufgeben und Verwirklichen erlangt
und bin befreit, untrennbar von ewig überragender großer Glückseligkeit.
Dies ist die richtige Art, wie Praktizierende in abgeschiedener Bergklausur weilen!

Hey, hey!
Einfach nur in den Bergen zu schlafen, bedeutet nicht, sich in abgeschiedener Bergklausur zu befinden;
wilde Tiere schlafen überall in den Bergen.
Obwohl sie weit weg von Schlächtern sind, die sie töten,
haben sie nicht eine einzige Quelle des Schutzes oder der Hoffnung.
Der Gedanke daran stimmt mich traurig!

Wenn du nicht mit Hingabe zum wunscherfüllenden Meister betest,
werden sich die erforderlichen und gewünschten Errungenschaften nicht einstellen,
kultiviere deshalb eifrig einen von Hingabe erfüllten Geist.

Wenn du nicht die vier Kräfte der Hingabe
gegenüber dem Meister, dem Buddha der drei Zeiten, erweckst,
werden die Segnungen der Übertragung des Weisheitsgeistes nicht in dich einströmen,
erwecke deshalb eifrig Hingabe.

Wenn du dem erleuchteten Körper des Meisters nicht mit Hingabe dienst,
wird dein Geist nicht durch Segnungen befreit werden,
entfalte deshalb eifrig diesen hingebungsvollen Geist.

Wenn vom Maṇḍala der erleuchteten Rede des Meisters der Nektar der Kernunterweisungen dargeboten wird,
aber keine einsgerichtete Hingabe aufkommt,
wird es schwierig sein, einen diskursiven Geist wie den meinen zu zähmen,
kultiviere deshalb eifrig Hingabe.

Vom Maṇḍala des erleuchteten Herzens des Meisters
wird der Zugang zu den tiefgründigen Lehren der geheimen Schatzkammer gewährt.
Wenn du nicht mit Hingabe inspiriert bist,
können die Errungenschaften deines spirituellen Erbes unmöglich zum Vorschein kommen,
erwecke deshalb unbedingt Hingabe.

Wenn du den Meister, der mit den drei Arten von Güte ausgestattet ist,
nicht respektvoll und auf dreifache Weise erfreust,
wird es dir selbst am winzigsten Körnchen der Essenz der Erzeugungs-, Rezitations- und Vollendungspraxis fehlen,
kultiviere deshalb eifrig diesen hingebungsvollen Geist.

Der Guru ist der wahre Buddha der drei Zeiten,
dessen erwachter Geist mit der Weisheit der zweifachen Allwissenheit geschmückt ist.
Sein Mitgefühl ist weder nah noch fern,
doch wenn du nicht hingebungsvoll betest,
ist es schwierig, von seinem Mitgefühl, das dich führen kann, umfangen zu werden,
deshalb solltest du unbedingt Hingabe erwecken.

Wenn wir den Meister demütig anflehen, können wir
den selbstverliebten Stolz loswerden.
Wenn wir hingebungsvoll zu unseren Meistern beten, können wir
die Aggression ablegen, die aus Anhaftung und Abneigung entsteht.

Wenn wir den Meister demütig anflehen, können wir
uns der Eifersucht entledigen, die aus Konkurrenzdenken entsteht.
Hingebungsvolle Gebete an unsere Meister ermöglichen es uns,
falsche Ansichten abzulegen, die von unseren störenden Emotionen kommen.

Mein wahrer Meister ist der ewig vollkommene Padmasambhava,
der herausragende Repräsentant der Siegreichen der drei Zeiten.
Ich bete, möge ich niemals von meinem erhabenen Wegweiser Vimaraśmi (Drime Özer) getrennt sein.
Er gewährte mir die Segnungen der Weisheitsgeistübertragung,
die Knoten meiner dualistischen Fixierung lösten sich in den grundlegenden Raum auf
und so sehe ich die Weisheit der Wind-Geist-Meisterschaft.
Ohne die Dualität von Buddha und fühlenden Wesen
entstehen verschiedene Manifestationen als Ornamente des Raumes
und durchdringen die Weite des ursprünglich befreiten Dharmakāya.
Da sich die wesentlichen Irrtümer dualistischer Hoffnung und Furcht erschöpft haben,
erheben sich Götter und Dämonen nicht-dualistisch als magische Entfaltung meines Geistes.
Ich, die Yoginiī, habe keine Angst vor den magischen Erscheinungen der Illusion –
ich bin eine furchtlose Vajra Yoginī!
Ich besitze die Anleitungen, um die Wurzel der vier Māras zu durchtrennen.
Äußerlich löse ich die magische Entfaltung illusorischer Erscheinungen
in die große Nichtexistenz von Hoffnung und Angst auf.
Innerlich löse ich die Wurzel der Anhaftung – die Selbstsucht –
in die uranfänglich befreite Weite des Nicht-Anhaftens auf.
Ich durchtrenne den Allgrund – die Ansammlung von Körper und Geist –
mit dem Schwert der dreifachen Weisheit.
Im Geheimen löse ich Konzepte, die auf den fünf Giften gründen,
in das Kontinuum der selbstbefreiten störenden Emotionen auf.
Ich löse alle Phänomene der Welt und darüber hinaus, nicht-dualistisch,
in die Weite der tiefgründigen Weisheitsabsicht der Besänftigung auf.

Diese Wurzel der Verhaftung an verwirrte Erscheinungen, die von störenden Emotionen herrühren,
befreit sich in der den fünf Weisheiten des Dharmadhātu eigenen Ausdehnung,
dem Grund der großen basislosen Weisheitsgeist-Ausdehnung.
Ich löse mich mit PHAṬ in den Raum der Dharmakāya-Gleichheit auf!
„PHA“ durchschneidet die Wurzel der verwirrten dualistischen Fixierung
und lässt uns alle Bedeutungen der Pāramitās gründlich verstehen.
„Ṭ“ ist die Vollkommenheit des nicht-dualistischen Saṃsāra und des Ruhens im Grund
und befreit nicht-dualistisches Vermeiden und Annehmen in den ewig ausgezeichneten Dharmakāya.
Mögen wir den Zustand erlangen, in dem wir mit Vajradhara vereint sind!

So sang ich, und sie machten Niederwerfungen und Umrundungen und kehrten zu ihren Plätzen zurück.

Sukha Vajra (Dewe Dorje) hat diese Vision in Worte gefasst.


| Englische Übersetzung von Christina Monson, 2015. In die deutsche Sprache übertragen von Daniel Dastagir und Yogini „Freundin der 7 Schildkröten", 2023. Herzlichen Dank an Erika Bachhuber für die Mitarbeit und das Lektorat.
Die deutsche Übersetzung ist dem Leben und dem Wirken der wunderbaren Yogini Sangye Gyalmo (Christina Monson) gewidmet. Sarva Mangalam !


Bibliographie

Tibetische Ausgabe

kun bzang bde skyong dbang mo. „nyams kyis bslangs pa'i mtshar glu“ In gsung 'bum/_kun bzang bde skyong dbang mo/. 6 Bde. Chengdu: si khron dpe skrun tshogs pa/ si khron mi rigs dpe skrun khang, 2009. (BDRC W1PD108254) Bd. 3: 376-380


Version: 1.0-20240104

Sera Khandro

Sera Khandro Kunzang Dekyong Wangmo

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