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ISSN 2753-4812
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Leifaden für die Yumka-Rezitation

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Der grundlegende Leitfaden für die Rezitation der weiblichen Praxis der Königin der großen Glückseligkeit

aus der Herzessenz der weiten Ausdehnung

von Jigme Lingpa

Mutter der Siegreichen der drei Zeiten mitsamt deinen Erben,
du erscheinst in der Form der unzerstörbaren Gebieterin des grundlegenden Raumes,
Königin der großen Glückseligkeit – dir erweise ich Ehre!
Gewähre mir die beiden Arten von Errungenschaft!

Wenn du die Annäherungs- und Vollendungsphase der weiblichen Yumka-Praxis praktizieren möchtest, suche einen besonderen und heiligen Ort auf, an dem sich die Ḍākinīs versammeln. Streue ein Maṇḍala aus farbigem Sand oder breite ein Stück Stoff aus, bemalt [mit der Form] eines Halbkreises mit einer [zu dir gewandten Tür]. Zeichne ein rotes Dharmodaya[1] in der Mitte, das mit einer baṃ-Silbe versehen ist. Stelle ein vortreffliches Gefäß mit Alkohol und Dharma-Medizin[2] darauf und streue Sindūra-Pulver hinein. Wenn du über einen längeren Zeitraum praktizieren willst, verschließe die Öffnung des Gefäßes mit Ghee; alternativ kannst du es auch mit trockenen Substanzen wie Juwelen, Kaurimuscheln, Extrakten von Arzneimitteln und verschiedenen erlesenen Samenkörnern füllen. Lege einen mit Sindūra bestreuten Spiegel darauf und zeichne in der Mitte mit dem Menstruationsblut einer Jungfrau ein gekreuztes Dharmodaya mit einer Silbe baṃ.[3] Dann zeichne je eine der Silben jñā na vā rā hī hūṃ auf jede Spitze [des Dharmodaya]; beginne vorne und mache gegen den Uhrzeigersinn weiter. Stelle dann einen Kristall darauf und decke es mit einem roten Baldachin ab. Umrunde dies abschließend mit äußeren und inneren Opfergaben.

Setze dich mit dem Blick nach Westen und schaue in Richtung des reinen Bereichs Uḍḍiyāna. Beginne mit der Zufluchtnahme und dem Erwecken des Geistes, der auf Erwachen ausgerichtet ist (Bodhicitta). Dann konzentriere deine Aufmerksamkeit auf die Bedeutung der Erzeugungs- und Vollendungsphasen. Alle Erscheinungen sind nichts anderes als die Natur der fünf Elemente: Sie sind von Anbeginn erwacht im Raum der fünf weiblichen Buddhas. Aus einem Tantra:

Erde und Wasser sind Buddhalocanā und Māmakī;
Feuer und Wind sind Pāṇḍarāvasinī und Samayatārā;
Raum ist Dhātviśvarī;
die drei Daseinsbereiche sind von Anbeginn der Bereich des Erwachens.[4]

Während du dir vergegenwärtigst, dass alle Erscheinung und Existenz auf natürliche Weise als der reine Bereich der Ḍākinīs vollendet ist, visualisiere klar und deutlich den Erscheinungsaspekt der spiegelbildgleichen Manifestationen des Palastes und der Gottheit und führe dir gleichzeitig die Bedeutung der Worte vor Augen. Es gibt eine Tradition, in der erklärt wird, dass die Unterstützung die Kanäle, Essenzen und Windenergien sind und das Unterstützte die vierundzwanzig heiligen Orte und zweiunddreißig heiligen Länder, wie zum Beispiel Jālandhara auf dem Scheitel.[5] Die zahllosen Maṇḍalas der verschiedenen Tantras sind im Raum des Körpers der Gottheit vollständig [enthalten]. Jene mit höheren [geistigen] Fähigkeiten werden verstehen, was dies bedeutet; jene mit mittleren Fähigkeiten werden Wunsch und Bestrebung zum Pfad machen, und jene mit geringeren Fähigkeiten werden sich darin üben, die Haupt- und Weisheitsgottheit klar zu visualisieren. Das ist die allgemeine Erklärung.

Die essentiellen Kernanweisungen für die Annäherungsphase lauten nun wie folgt: In deinem Herzen befindet sich die Weisheitsgottheit Vajravārāhī; sie ist dunkelblau. Mit ihrer rechten Hand hält sie ein Krummmesser empor und in ihrer linken Hand hält sie eine mit Blut gefüllte Schädelschale auf Höhe ihres Herzens. Ihr rechtes Bein ist angewinkelt, die Ferse zeigt zu ihrer Bhaga. Ihr linkes Bein ist ausgestreckt und ihr Fuß tritt auf das Herz eines Leichnams, der auf einem Sitz aus Lotos und Sonnenscheibe liegt. Sie ist nackt und mit den fünf Mudrās und sechs Knochenornamenten geschmückt. Hinter ihrem Ohr zeigt sich der Kopf einer grunzenden Sau. In ihrem Herzen befindet sich ein vierteiliger Wirbel der Freude, der sich gegen den Uhrzeigersinn dreht. In seiner Mitte steht eine baṃ-Silbe, umgeben von den zwölf Keimsilben des Wurzelmantras, [von der Farbe] einer eingeölten Koralle.

Konzentriere dich auf diese Einzelheiten und meditiere, bis der Körper der Gottheit klar erscheint. Sobald die Erscheinung klar ist, visualisiere, dass die Mantra-Girlande Lichtstrahlen aussendet, die aus dem Scheitel deines Kopfes hervorgehen und den Weisheitsgeist des Herrn der Familie anrufen. Er ist erfreut über die Darbringung von Glückseligkeit-Leerheit. Lichtstrahlen scheinen von ihm aus und erfüllen den gesamten Raum. Sie bringen den Buddhas, die in ihren reinen Bereichen verweilen, Opfergaben dar, wodurch auch sie bewegt und erfreut sind. Das Licht sammelt sich wieder in dir und du erlangst die beiden Arten von Errungenschaft. Erneut strahlt Licht aus[6] und reinigt das Leid sowie die Ursachen [von Leid] aller sechs Klassen von Wesen in den drei Welten. Saṃsāra ist transformiert, und du solltest dir vorstellen, dass sogar sein Name nicht mehr existiert. Lass deinen Geist in Leerheit ruhen.

Dann fließt ein Nektarstrom vom Guru, dem Herrn der Familie, herab. Während du dich weiterhin klar als die Ḍākinī visualisierst, erreicht der Nektar deinen Scheitel und du erfährst Freude; wenn er deine Kehle erreicht, erfährst du höchste Freude; erreicht er dein Herz, ruft dies besondere Freude hervor, und sobald er deinen geheimen Ort erreicht, erlebst du innewohnende Weisheit. Unreinheiten in deinen Kanälen, Essenzen und Windenergien werden gereinigt, und du erlangst besondere Qualitäten. Auf diese Weise erhältst du die vier Ermächtigungen aller Tantra-Klassen des geheimen Mantra-Fahrzeugs und reinigst die vier Verdunklungen. Dies ist ein sehr tiefgründiger Punkt. Dieser Prozess ruft mehr Freude hervor als Tausende von Festversammlungen [tsok] und führt zum gleichen Ergebnis wie Hunderttausende von Selbstinitiationen und Ermächtigungen. Beeinträchtigungen, Brüche, negative Handlungen und Übertretungen werden gereinigt, und du wirst zu einem geeigneten Gefäß für die große Errungenschaft. Die kraftvolle Strahlkraft des Gewahrseins weitet sich aus, und Erfahrungen und Erkenntnis nehmen ganz natürlich zu. Da [Vajrayoginī] die Quelle aller Dinge und die Mutter aller Siegreichen ist, finden sich sämtliche Maṇḍalas der verschiedenen Abschnitte der Tantras in ihrem Körper. Vollendest du ihre Praxis, werden sich alle glücksverheißenden gegenseitig abhängigen Umstände des tiefgründigen und schnellen Pfades des geheimen Mantras einstellen.

Was die Anzahl der [Mantra-]Rezitationen angeht: Um die Aktivitäten ausführen zu können, rezitiere hunderttausend pro Silbe.[7] Für die Annäherungsphase musst du, wenn du diese auf der Anzahl von Mantras basierst, die Zahl vervierfachen.[8] Um die Praxis zu vollenden, musst du so lange praktizieren, bis Zeichen entstehen. Die Zeichen der Rezitation sind, wie es im Haupttext[9] heißt:

Obwohl die Zeichen der Vollendung unvorstellbar zahlreich sind,
ist das höchste Zeichen, einen unerschütterlichen Weisheitsgeist zu besitzen.

In deinem Geist werden die höchste Errungenschaft und besondere Verwirklichung aufdämmern und gewöhnliche Errungenschaften, wie die acht großen Errungenschaften, sowie geringere Errungenschaften, wie die drei Arten des Versammelns – das Versammeln von Menschen während des Tages, von Ḍākinīs während der Nacht und von Nahrung zu allen Zeiten – mit sich führen.

In den Pausen zwischen den Sitzungen führe Aktivitäten in Übereinstimmung mit der allgemeinen Tradition des geheimen Mantras aus. Wie das Feueropfer zum Bereinigen und Wiedergutmachen durchgeführt wird, muss aus anderen Texten entnommen werden.

Als Antwort auf die eindringliche Bitte von Palding Jetsün Drung schrieb ich, der Vidyādhara Khyentse Lha, dies geschwind nieder.


| Englische Übersetzung Han Kop, 2019, unter Anleitung von Tulku Dawa Zangpo aus der Chorten Gompa, für das Longchen Nyingtik Project. Editiert von Aaron Coote. Deutsche Übersetzung Karin Behrendt 2024. Lektoriert von Erika Bachhuber.


Bibliographie

Tibetische Ausgaben

'Jigs med gling pa. „Yum ka bde chen rgyal mo'i rtsa ba’i bsnyen yig“, in gSung 'bum/_'Jigs med gling pa/(sde dge par ma). 9 Bände. BDRC W27300. Gangtok, Indien: Pema Thinley für Dodrupchen Rinpoche, 1985. Band 7: 237-241.

______. „yum ka bde chen rgyal mo'i rtsa ba’i bsnyen yig“, in gSung 'bum/_'Jigs med gling pa (a 'dzom par ma/ 'brug spa gro la bskyar par brgyab pa/). 14 Bände. BDRC W7477. A 'dzom chos sgar par khang, 1999?. Band 10: 271-275.

______. „yum ka bde chen rgyal mo'i rtsa ba’i bsnyen yig“, in gSung 'bum/_'Jigs med gling pa. 9 Bände. BDRC W1KG10193. Gangtok, Sikkim: Sonam T. Kazi, 1970-1975. Band 7: 365-370.

______. „yum ka bde chen rgyal mo'i rtsa ba’i bsnyen yig“, in klong chen snying thig rtsa pod. 5 Bände. BDRC W1KG13585. Bodhnath, Kathmandu und Bodhgaya, Bihar: Shechen Publications, 1994. Band 1: 313-319.

______. „yum ka bde chen rgyal mo'i rtsa ba’i bsnyen yig“, in Rig ’dzin ’Jigs med gling pa’i gsung ’bum. 9 Bände. China: Si khron mi rigs dpe skrun khang & Bod ljongs bod yig dpe rnying dpe skrun khang, 2018.


Version: 1.0-20240307


  1. Wörtlich „die Quelle (udaya) aller Phänomene (dharma)“. Es hat die Form eines Dreiecks und stellt den Raum dar, aus dem sich alle Phänomene erheben. Oft werden zwei Dreiecke zu einem Stern zusammengefügt (wie ein Davidstern), der „gekreuztes Dharmodaya“ genannt wird und mit dem Zeichen der Gottheit versehen ist.  ↩

  2. Das heißt mit Ambrosia (Skt. amṛta).  ↩

  3. Normalerweise wird entweder Sindūra-Pulver oder rotes Pigment verwendet.  ↩

  4. Das Tantra der geheimen Essenz (Skt. Guhyagarbha Tantra), 2. Kapitel.  ↩

  5. Tulku Dawa Zangpo erklärt, dass mit „Unterstützung“ auch der Körper der Gottheit gemeint sein kann und mit „Unterstütztem“ die vierundzwanzig heiligen Orte und die zweiunddreißig heiligen Länder sowie die Kanäle, Essenzen und Windenergien.  ↩

  6. Tulku Dawa fügt hinzu, dass das Licht von dir ausstrahlt, visualisiert als Vajrayoginī.  ↩

  7. Da [das Mantra] zwölf Silben umfasst, ergibt das 1,2 Millionen.  ↩

  8. Das ergibt dann 4,8 Millionen.  ↩

  9. Eine glorreiche Girlande der großen Glückseligkeit – die grundlegende, weibliche Praxis von Tsogyal, der Königin der großen Glückseligkeit (yum ka mtsho rgyal bde chen rgyal mo'i sgrub pa bde chen dpal phreng).  ↩

Jigme Lingpa

Yumka Dechen Gyalmo

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